Frage: Darf eine transidente Mitarbeitern, deren Personenstandsänderung noch nicht abgeschlossen ist, rein rechtlich bereits die Toilette für Frauen benutzen?

Klagsverband: Es gibt keine spezifischen gesetzlichen Vorgaben zu genau dieser Frage. Im Arbeitnehmer*innenschutzrecht gibt es nur Mindestvorgaben, wie Toiletten angelegt sein müssen, je nach Betriebsgröße: https://www.arbeitsinspektion.gv.at/Arbeitsstaetten-_Arbeitsplaetze/Arbeitsstaetten-_Arbeitsplaetze_1/Sanitaer-_und_Sozialbereiche.html  (siehe auch § 33 Arbeitsstättenverordnung)

Der Diskriminierungsschutz am Arbeitsplatz kennt unter anderem ein Belästigungsverbot aufgrund des Geschlechts und ein Diskriminierungsverbot bei den sonstigen Arbeitsbedingungen aufgrund des Geschlechts.

Beides umfasst unseres Erachtens auch die Geschlechtsidentität (Gerichtsurteile, die das in Bezug auf eine Transperson, deren Personenstand (noch) nicht angepasst ist, eindeutig klarstellen gibt es aber noch nicht).

(Geschlechtsbezogene) Belästigungen sind sowohl durch Arbeitgeber*innen, Vorgesetzte und Kolleg*innen als auch durch sonstige Dritte (z.B. Kund*innen) verboten. In diesem Fall gibt es einen Schadenersatzanspruch und auch ein Gebot für den*die Arbeitgeber*in, dagegen wirksame Abhilfe zu schaffen. Das ergibt sich aus der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht und ist im Gleichbehandlungsgesetz auch explizit normiert. Um rechtlich als Belästigung zu gelten, braucht es aber eine gewissen Intensität der diskriminierenden Handlung. Wenn die Person bspw. beschimpft wird oder sonst sehr demütigend vom Benützen der Toilette abgehalten wird, könnte das unter Umständen den Tatbestand einer geschlechtsbezogenen Belästigung erfüllen.

Umgekehrt kann schon auch die Frage auftauchen, ob andere Arbeitnehmerinnen eine (geschlechtsbezogene oder sexuelle) Belästigung aufgrund der Nutzung der Toilette durch eine Transfrau geltend machen könnten, und wenn ja unter welchen Umständen. Dafür sehen wir wenig rechtlichen Anlass, da die Intimsphäre ja durch getrennte Toilettenkabinen sowieso individuell zu wahren ist, es kann aber einen gemeinsamen Waschraum betreffen. Das erwähnen wir nur, weil es im Kontext der oben genannten Vorgaben (geschlechtergetrennte Toiletten ab 5 AN*innen), als Thema aufkommen könnte. Bei Duschen kann das nochmals mehr zutreffen, insbesondere wenn es keine separaten Kabinen gibt. Aber auch hier wäre wieder streng zu prüfen, ob die pure Anwesenheit der Transfrau eine Belästigung darstellen kann, was ich stark anzweifle.

„Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen“ ist weit zu verstehen und könnte ev. auch gegeben sein, wenn die Transfrau die die Benützung der Frauentoilette verweigert wird, ohne dass es ggfs. schon eine Belästigung im rechtlichen Sinn darstellt. Jedenfalls wäre hier zu beachten, dass es für Transpersonen nicht zumutbar ist, eine Toilette, die nicht ihrer Geschlechtsidentität entspricht, benützen zu müssen und dass gerade Transfrauen auch Gewalterfahrungen in männlichen Räumen haben bzw. hier sehr gefährdet sind.

Eine ganz andere Frage ist natürlich die der praktischen Lösungen für einen – möglichst für alle – guten Ablauf. Gerade hier kann meines Erachtens schon auch gut auf die AG-Fürsorgepflicht zurückgegriffen werden – also den Auftrag, eine für alle diskriminierungsfreie Arbeitsumgebung bereitzustellen. Ein paar gute Ansätze finden sich zum Beispiel hier ab Seite 37 !